Vor kurzem wurde ich über die WeLiveSecurity-Seite von einem Journalismus-Studenten einer amerikanischen Universität kontaktiert, der an einem Forschungspapier über die Privatsphäre von Kindern im Internet arbeitet. Im Besonderen interessierte er sich für das Verhalten von Eltern (und Erziehungsberechtigten), die in sozialen Netzwerken Fotos und potenziell sensible Informationen über ihre Kinder posten – und für die Folgen in Bezug auf die Privatsphäre dieser Kinder, wenn sie erwachsen werden.

Während ich normalerweise froh bin, meinen ganz eigenen Senf zu solchen Dingen dazuzugeben, habe ich mich bei dieser Frage mit meiner ESET-Kollegin Lysa Myers ausgetauscht. Ich wusste, dass sie großes Interesse an Themen über Sicherheit und Malware besitzt, die über die Auseinandersetzung mit Bits und Bytes hinausgehen. Ihre Kenntnisse darüber hat sie in ihren kürzlich erschienenen WeLiveSecurity-Artikeln unter Beweis gestellt. Zwar bilden zwei Leute noch lange keine repräsentative Größe – selbst in der ziemlich kleinen Anti-Malware-Forschergemeinde nicht –, aber immerhin sind wir unterschiedlichen Geschlechts und gehören anderen Altersgruppen an.

Nun könnte man meinen, dass es hier um die Risiken für Schüler geht, Opfer von Schulmobbing und sexuellen Übergriffen zu werden – und tatsächlich empfand ich es als unmöglich, ohne jeglichen Bezug hierauf auf die Frage des Studenten zu antworten. Der Fokus ist aber weit weniger dramatisch, wenn auch nicht weniger wichtig.

family

Familienfotos in sozialen Medien

Wir wurden gefragt, ob es ethische Einwände gibt, wenn Eltern oder Erziehungsberechtige Fotos und Informationen über ihre Kinder posten, bevor diese alt genug sind, selbst über ihren digitalen Fußabdruck zu entscheiden – und wenn dies der Fall ist, welche Probleme das im Einzelnen sind.

Ich nehme an, dass es für die meisten Eltern keinen Unterschied gibt zwischen dem Posten von Bildern auf (sagen wir) Facebook und dem Herumzeigen der Fotos unter Freunden oder Verwandten: Vermutlich empfinden sie es als Teilen mit mehr oder weniger den gleichen Leuten, nur dass man über soziale Medien mehr Menschen auf einmal erreicht. Wenn Eltern Fotos oder Familienvideos von ihren Kindern machen, sehen wir es normalerweise nicht als ethisches Problem – und zwar auch vor dem Hintergrund nicht, dass die Kinder noch keine vernünftige Meinung über solch einen Fußabdruck (ob digital oder analog) haben können. Eltern sind immer stolz auf ihre Sprösslinge und auch, wenn Familienvideos für die Heranwachsenden nicht immer so lustig sind, wie für das Publikum, nehmen wir es doch nicht als ethisch fragwürdig wahr. Nun stellt sich aber die Frage, ob es doch zu einem solchen Problem werden kann, wenn man zwischen Online- und Offline-Kontexten unterscheidet.

Datenpersistenz

Vergleicht man den digitalen Fußabdruck mit dem in einer nicht-virtuellen Welt gibt es mindestens zwei, sich relativ nahestehende Probleme: (1) Physikalische Fotos und andere Dokumente sind (sieht man mal von Scannern und Kopierern ab) in gewissem Sinne einzigartige Objekte. Nach dem Herumzeigen legen Sie das Foto zurück in Ihr Portemonnaie oder Ihre Tasche und damit ist es für andere Menschen nicht mehr verfügbar. Und auch wenn Sie ein Bild verschenken oder eine Kopien erstellen, liegt die Entscheidung, wem Sie es geben, immer bei Ihnen. Posten Sie hingegen ein Foto im Internet oder in sozialen Netzwerken, verlieren Sie die Kontrolle über dessen Verbreitung. Nicht nur Freunde und Verwandte können jederzeit darauf zugreifen (und es potenziell behalten): Wenn Sie bei dem, was Sie posten, nicht darauf achten, wer und wo man es sehen kann, ist der Inhalt auch für Freunde von Freunden, also potenziell für ganz und gar Fremde sichtbar. (2) Oft empfindet man die digitale Welt als sehr kurzlebig, weil es schließlich „nur“ Bits und Bytes sind, die durch Kabel jagen – in Wirklichkeit sind digitale Daten aber äußerst beständig. Eine Seite aus dem Internet zu nehmen oder eine E-Mail zu löschen, ist kaum eine Garantie dafür, dass das betreffende Objekt nicht mehr existiert.

Was im Internet passiert, bleibt in der Regel auch im Internet – und das nicht in positivem Sinne.

Der allgegenwärtige digitale Fußabdruck

Der Journalismus-Student hat die Vermutung geäußert, dass es für Kinder, die in den letzten fünf bis zehn Jahren geboren wurden, seltsam sein könnte, keine Online-Präsenz zu haben oder zu wollen. Gleichzeitig hat er aber auch die Frage aufgeworfen, ob sich Eltern das Recht herausnehmen dürfen, eben dies über ihre Kinder anzunehmen, bevor diese eine Chance haben, es für sich selbst zu entscheiden.

In meinem und älteren Jahrgängen kenne ich viele Leute, die keine Silver-Surfer sein wollen. Sie besitzen kein Mobiltelefon, geschweige denn ein Smartphone oder eine App von sozialen Netzwerken. Wenn es aber zu den Unter-30-Jährigen kommt, bin ich nicht sicher, ob ich jemanden kenne, der überhaupt keine Online-Präsenz besitzt. Dennoch kann ich mir viele Gründe vorstellen, weshalb Menschen wollen könnten, dass ihre digitale Identität nicht von den Eltern vorbestimmt wird.

Erste Schritte, erster Fußabdruck

Lysa kommentierte:

Ich habe gerade erst durch einen Freund von einem Elternpaar gehört, das zur Geburt ihres Kindes in dessen Namen Profile in allen großen sozialen Netzwerken erstellt hat. Sie haben außerdem eine Webseite mit dem Namen ihres Kindes als URL registriert. Sie wollen diesen Raum für ihr Kind reservieren, damit es an seinem 18. Geburtstag die Möglichkeit hat, hier von Grund auf eine digitale Präsenz zu kreieren. Bis zu diesem Tag werden die Eltern weder Bilder noch Details über ihr Kind im Internet posten, sodass es später ganz allein seine Online-Rolle fertigen kann.

Das empfinde ich als unheimlich süße und gedankenvolle Geste der Eltern. Und trotzdem ist es wahrscheinlich unmöglich, Informationen über ein Kind absolut aus dem Internet fernzuhalten. Während Freunde und Verwandte bei dieser Idee vielleicht noch mitspielen, gibt es immer mehr Schulen und Organisationen, die Bilder von Kindern ins Internet stellen (was irgendwann möglicherweise eine Sache für den Datenschutz wird!). Zwar kann man sich solchen Foto-Tagen entziehen, dadurch könnten sich Kinder aber von geschätzten sozialen Momenten ausgeschlossen fühlen.

Das zeigt sicherlich die Schwierigkeit, die Privatsphäre (und Sicherheit) des Kindes zu erhalten und bringt vielleicht manch stolze Eltern dazu, zweimal über ihre eigene Bereitschaft, Informationen über ihre Kinder zu posten, nachzudenken.

Wie der Zufall es wollte, habe ich vor kurzem für Virus Bulletin ein eBook von Tony Anscombe besprochen, das eine ähnliche Annahme über das Kaufen von Webseiten im Namen des Kindes macht. Bei diesem Ansatz, sein Kind vor einem potenziellen, zukünftigen Identitätsdiebstahl zu schützen, entsteht aber ein praktisches Problem: Wollen Sie in der Hoffnung, Ihr Kind vor Cybersquatting zu bewahren, wirklich jede mögliche TDL kaufen, die seinem oder ihrem Namen gleicht? Was geschieht, wenn Provider ihr Geschäft aufgeben? Wie viele andere Varianten könnten eintreten?

Aber noch wichtiger ist vielleicht die Frage, welche Bedingungen an Leistungen geknüpft sind, die Eltern für ihre Kinder erbringen? Vielleicht gibt es keine – zumindest keine, die Eltern als bewusste Manipulation ansehen. Außerdem ist die Eltern-Kind-Beziehung oft sehr subtil und komplex – und Kontrolle ist ein Element, das auf beiden Seiten dieser Beziehung eine Rolle spielt. Zudem ist es ein Teil des Reifeprozesses, unabhängig zu werden und eigene Entscheidungen zu treffen.

Wann wird elterliche Verantwortung zur Schnüffelei?

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WeLiveSecurity-Blogger Rob Waugh hat in seinem kürzlich erschienen Artikel Familiäre Schnüffeleien – Zwei Drittel der Eltern spionieren die Social Media Accounts ihrer Kinder aus eine Befragung von VoucherCloud zitiert, bei der es um das Verhalten von 2.105 britischen Eltern in Bezug auf die Aktivitäten ihrer 13- bis 16-jährigen Kinder in sozialen Medien geht.

  • 55% der Eltern gaben an, dass sie das Passwort kennen, das ihre Kinder in sozialen Netzwerken nutzen und 31% haben sich ohne das Wissen ihrer Kinder regelmäßig in die Accounts eingeloggt.
  • 45% der Eltern kennen das E-Mail-Passwort ihres Kindes, 36% die Login-Informationen zu mindestens einem der Social Media Accounts.
  • Matthew Wood von VoucherCloud wurde wie folgt zitiert: „Im Grunde ist es traurig, dass manche Eltern das Gefühl haben, dass sie nur durch einen heimlichen Blick in die sozialen Accounts ihrer Kinder mitbekommen, was sie tun.“ Ich stimme dem zu, aber vermutlich entsteht ein Teil der Schnüffelei aus der Sorge um die Sicherheit des Kindes heraus, vielmehr als aus Neugier oder dem Drang zur Kontrolle und das kann man definitiv als Teil der elterlichen Rolle sehen. Aber auch wenn man das Argument akzeptiert: Wann wird es zu einem inakzeptablen Eingriff in die Privatsphäre? Vermutlich gehen viele Teenager und nicht wenige Eltern davon aus, dass Minderjährige das richtige Maß an Privatsphäre einschätzen können, lange bevor sie die Volljährigkeit erreichen. Außerdem würden sich wahrscheinlich alle Beteiligten wohler fühlen, wenn die Möglichkeit von gelegentlichen Überprüfungen zumindest offen besprochen wird.

Paradox an der elterlichen Sorge über das, was ihre Kinder posten ist jedoch, dass sie selbst nicht besser sind, wenn sie Fotos und andere Informationen über ihre Sprösslinge verbreiten, bevor diese in der Lage sind, selbst eine Meinung zu haben.

Ausstieg aus den sozialen Medien

Lysa kommentierte:

Das müssen wir erst noch abwarten. Zurzeit ist die Nutzung von sozialen Netzwerken eher die Norm als die Ausnahme. Wenn die Kinder, die seit der Allgegenwart des Internets geboren wurden, die Volljährigkeit erreichen und ihre Aufzeichnungen aus dem Internet löschen wollen, kann es aber sein, dass ein Ausbruch von Anklagen stattfinden wird.

Dies ist ein sehr neuer und verzwickter Bereich, bei dem vermutlich erst in Jahrzehnten ein angemessenes Maß gefunden wird. Die Leute, die heutzutage für die Rechtssetzung verantwortlich sind, hatten eine Kindheit vor dem Internet – ohne Aufzeichnungen, Posts und Katalogisierung durch Suchmaschinen. Für sie ist dieses Problem nicht besonders aktuell und wird es vielleicht auch solange nicht, bis ihre eigenen Internet-gesättigten Kinder ins entsprechende Alter kommen. Es ist natürlich auch möglich, dass die Existenz von kompromittierenden oder peinlichen Fotos ein Teil unserer Post-Internet-Kultur sein wird, der nicht als schlimm empfunden wird und dass dann die Abwesenheit solcher Dinge viel mehr zur Sorge anregt.

Ich stimmte diesen Gedanken zu, bin aber der Meinung, dass es bis zu einem gewissen Grad immer darauf ankommt, wie vorsichtig die Eltern sind. Je nachdem, welcher Dienst genutzt wird, lässt sich ja beispielsweise der Zugang zu Informationen auf Freunde und Verwandte beschränken. Dadurch kann man das Risiko einer unkontrollierten Verbreitung verhindern oder zumindest minimieren. Ich denke, dass viele Eltern diese Vorsicht walten lassen – schon allein wegen der Horrorgeschichten über den Missbrauch von kinderbezogenen Daten und anderen Problemen wie dem Identitätsdiebstahl.

Es kann sein, dass bei den Gefahren bezüglich des Internets allgemein übertrieben wird und dass auch Eltern oder Erziehungsberechtigte, deren Sicherheitsbewusstsein nicht sonderlich ausgeprägt ist, ihre Sprösslinge kaum gefährden – zumindest nicht mehr, als diese es selbst tun, wenn sie durch den schmerzhaften Prozess gehen, ihre eigenen Fehler zu machen. Aber wie schon gesagt: Die Daten im Internet sind beständig – ob das schlimm ist, liegt am Inhalt.

Soziale Einstellungen und die Anthropologie von Technologie

Victoria - Piazza Regina Valetta

Die bisher besprochenen Probleme sind zwar sehr interessant und wichtig, scheinen mir aber nur eine Facette eines viel größeren Problems zu sein. Viele von uns, die noch arbeiten, wurden in den 1940ern/50ern, kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, geboren. Damals wurde die Welt zu einem großen Teil von Leuten regiert, die (junge) Altersgenossen von Queen Victoria und Theodore Roosevelt waren. Sie sind in einer Gesellschaft aufgewachsen, in der Radios, Fernseher und Telefone die gängigen Kommunikationsmedien waren, die viel weniger gegenwärtig waren als das Internet heute. Kulturell und anthropologisch gesehen ist es nicht überraschend, dass ältere Leute an den Sitten und Einstellungen festhalten, die noch Resonanz der elterlichen Autorität sind.

Roosevelt

Unsere Enkelkinder (und in manchen Fällen auch schon deren Kinder) können nur schwer nachvollziehen, wie es ist, in einer Welt zu leben, die in Bezug auf Technologien und Informationen so limitiert ist. Für sie tut sich ein ganz anderes Problem auf: Zwar verstehen sie die Technologien besser als viele ältere Generationen, gleichzeitig stehen sie aber einem Überfluss an Informationen gegenüber, dem sie aufgrund mangelnder Lebenserfahrung nur schwer begegnen können. Sie sind nicht in der Lage, zwischen guten und schlechten Daten, zwischen Informationen und Fehlinformationen zu unterscheiden. Und unsere Kinder stecken irgendwo zwischen diesen beiden Welten fest. Es ist kein Wunder, dass unsere allgemeine kulturelle und ethische Entwicklung mit der Technologie, die unsere Leben zu einem großen Teil bestimmt, nicht mithalten kann.

Meine Tochter ist schon weit über die Volljährigkeit hinaus. In Bezug auf Technologien ist sie aber – zum Teil wegen meiner Arbeit – in einem größeren Bewusstsein aufgewachsen als viele andere in ihrem Alter. Als früher Anwender von sozialen Medien war ihre Reaktion auf die Veröffentlichung von Fotos diese:

„… Ultraschall, Babyfotos, usw. sind meiner Meinung nach akzeptabel – am Ende ist ein Kind ein Kind. Es mag zwar etwas peinlich sein, die Fotos führen aber mit Sicherheit nicht zu den gleichen Langzeitproblemen wie peinliche Sauf-Bilder, die ein potenzieller Arbeitgeber sehen könnte. Für mich hat es ungefähr die gleiche ethische Qualität wie die obligatorischen nackten Baby-Fotos, die die Eltern einem neuen Partner zeigen. Sollte sich das Kind in entsprechendem Alter dazu entschließen, seinen digitalen Fußabdruck nicht weiter formen zu wollen, wird kein Langzeitschaden angerichtet.“

Hiermit hat meine Tochter einen Punkt angedeutet, den ich weiter ausführen will. Und zwar denke ich, dass die Verbreitung von Informationen dann zu einem Problem wird, wenn sie auch später noch auf die betreffende Person zurückgeführt werden können. Denn dann man im Erwachsenenalter keine Möglichkeit, sich von dieser Online-Präsenz aus Kindertagen abzukoppeln. Kontextinformationen wie der volle Name und Familieninformationen sind also ein großes ethisches Problem. Wenn die Informationen hingegen nicht zurückführbar sind, kann sich das Kind, bzw. dann irgendwann der Erwachsene frei entscheiden, ob er die verrückte, zum Teil vielleicht peinliche Rückschau auf die eigene Kindheit anerkennen oder ignorieren möchte. Der Punkt, den ich hiermit machen will, ist: Die Verbreitung von Informationen über die eigenen Kinder ist eine Grauzone, bei der es auf die Qualität der Inhalte ankommt.

Es ist ein interessantes Thema, über das ich bis jetzt nicht wirklich intensiv nachgedacht habe und ich denke, dass es vielen Leuten in meinem Alter ähnlich geht.

Führsorgliche Elternschaft als Management-Strategie

Rob Waughs Beitrag zitiert einen Artikel, der meine Mitwirkung bei ein paar Tipps, die von SafeSoundFamily vor fast einem Jahr veröffentlicht wurden (Internet Safety for Kids: 17 Cyber Safety Experts Share Tips for Keeping Children Safe Online), zusammenfasst. Dessen Relevanz ist hier vermutlich, dass ich in Bezug auf die Internetnutzung für eine „behutsame, gesteuerte Einführung“ in einem sehr jungen Alter argumentiere, was Eltern möglicherweise dazu bringt, mit der Fähigkeit ihres Kindes, sich um die eigene Sicherheit zu kümmern, etwas gelassener umzugehen.

Es könnte der Schlüssel für eine akzeptable Balance zwischen einem autoritären, beschützenden – aber eben auch kontrollierenden – und einem laissez-faire-Modell sein. (Hmm… Elternschaft als Management-Strategie) Ich vermute, dass es für viele Eltern zwischen dem ersten und dem zweiten Kind, das erwachsen wird, einen Unterschied geben wird. Den eigenen Kindern zu vertrauen, dass sie ihre eigenen Entscheidungen treffen ist ein wichtiger Schritt beim „Loslassen“, der meistens beim zweiten Kind leichter fällt.

Die Kinder von heute sind oft schon in sehr jungem Alter begierig darauf, Technologien zu nutzen und interaktiv an Spielen und manchen Formen von sozialen Medien zu partizipieren. Das Alter, ab dem ihnen dies erlaubt sein sollte und ab dem man sie auch ermutigen kann, ist meiner Meinung nach immer noch eine Entscheidung der Eltern. Denn schließlich sind sie diejenigen, die sich, egal in welchem Alter sich ihr Kind befindet, um dessen Wohlergehen und Sicherheit sorgen.

Durch meine Arbeit an Schulen (die meistens auf Geheiß meiner Ehefrau, eine ehemalige IT-Lehrerin, stattgefunden hat), bin ich mir über ein interessantes Paradox bewusst geworden. Es ist ein gängiges Klischee, dass Eltern und Großeltern weit weniger über Technologien wissen als ihre Kinder. Eine überraschend große Anzahl an Schülern ist der Informationstechnologie gegenüber aber ziemlich feindlich eingestellt – zumindest in Bezug auf die offizielle Lehre: „Warum muss ich etwas über Tabellenkalkulation wissen? Ich will schließlich [Mechaniker/Landwirt/Müllmann…] werden.“

Hierbei lassen die Jugendlichen aber außer Acht, dass es schwierig ist, eine Arbeit zu benennen, bei der es nie vorkommt, dass man einen Brief schreiben, einen Business-Plan erstellen, Accounts haben, Facebook-Seiten für PR-Zwecke nutzen, die Richtigkeit von Vergleichsprüfungen bewerten oder ein Resümee updaten muss. Mir scheint, dass wir über einen impliziten Unterschied zwischen Informatik in Bezug auf Freizeit-Geräte, Business-Informatik und Informatik als Wissenschaft, die in Schulen und Universitäten gelehrt wird, reden.

Fähigkeiten, Verantwortung und „Herauswachsen”

Vielleicht sagt uns das, dass die Kluft zwischen jungen Menschen, die sich sehr gut in der Informatik auskennen und denen, deren Umgang sich auf die Nutzung von sozialen Medien auf Konsumgeräten beschränkt, größer ist als normalerweise angenommen wird. Wenn dem so ist, sind die Jugendlichen der ersten Kategorie natürlich viel eher in der Lage, ihre Sicherheit und Privatsphäre zu schützen, als die meisten aus der zweiten Gruppe.

Gleichzeitig können die Technik-Affinen ihre weniger bewanderten Altersgenossen leichter ausbeuten, sollten sie sich für diesen Weg entscheiden. Mir ist – abgesehen von Sarah Gordons Forschung über Virenschreiber aus den 1980er und 90er Jahren – keine aktuelle wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der ethischen Entwicklung bei modernen Malwareschreibern bekannt. Meine Vermutung ist allerdings, dass die Verlagerung von Hobby-Virenentwicklern hin zu Malware für Profit der letzten Jahre das Durchschnittsalter von Malware-Autoren angehoben hat.

Weiterführende Links

Hier finden Sie ein paar weitere Referenzen und Quellen:

  • Die Buchbesprechung, die ich weiter oben erwähnte, ist für Virus Bulletin Abonnenten hier verfügbar: Vergessen Sie nicht, zu schreiben.
  • Tony Anscombes Buch finden sie hier: One Parent to Another: Managing Technology and Your Teen.
  • Das andere Buch, das in der Buchbesprechung genannt wird, ist von Sorin Mustaca und heißt Improve Your Security. Es bezieht sich zwar nicht explizit auf Jugendliche und Kinder, beinhaltet aber dennoch einige wichtige Kommentare.
  • Hier finden Sie eine Quelle, auf die ich nie gestoßen wäre, wenn ich diesen Beitrag nicht geschrieben hätte. Ich stimme definitiv nicht allen hier vertretenen Meinungen zu, aber vielleicht finden Sie hier ein paar interessante Informationen.

Leider ist das Paper von Sarah Gordon, das einen großen Beitrag zu unserem Verständnis von Malwareschreibern geleistet hätte, nur schwer im Internet zu finden. Dabei denke ich vor allem an The Generic Virus Writer (für die vierte Virus Bulletin Conference 1994 geschrieben) und dem hieran anschließenden Paper The Generic Virus Writer II (für die sechste VB Conference 1996).

 

David Harley
Lysa Myers
Katherine Harley